Der Kampfhund - Dichtung und Wahrheit

 

Die getöteten Opfer menschlicher Fahrlässigkeit
26. Juni 2000
Eine furchtbare Tragödie

Die Opfer:

Die Verantwortlichen:

Basierend auf objektiven Auswertungen und Analysen von Beißvorfällen, wissenschaftlich belegten Erkenntnissen aus ethologischen, zucht- u. molekulargenetischen Untersuchungen steht zweifelsfrei fest, dass es keine a priori gefährlichen Hunderassen gibt. Dennoch gibt es gefährliche Individuen unter den Vertretern aller Hunderassen. Der o. a. aufgeführte blinde politische Aktionismus ist nachweislich meilenweit am tatsächlichen Problem vorbeigeschlittert – in unserer modernen und aufgeklärten Gesellschaft gibt es kein Karnivorenproblem, Carnivora (BOWDISH, 1821), der Art Canis lupus familiaris (LINNAEUS, 1758), es ist wohl eher so, dass hier Primaten der Art "Moderne Menschen", Homo sapiens sapiens (LINNAEUS, 1758), das Problem darstellen.

An dieser Stelle verweise ich noch einmal auf unsere Seite über die natürliche Aggression des Hundes. Einzig der Sozialpartner des Hundes, in der Regel sein(e) Mensch(en) zeichnet(zeichnen) maßgeblich für Prägung, Sozialisierung und Ausbildung verantwortlich. Diese furchtbare Tragödie, welche sich auf dem Pausenplatz der Budde Schule ereignet hat, war letztendlich die Initialzündung einer regelrechten modernen Inquisition, welche sich gegen willkürlich ausgewählte Hunderassen richtete. Daher möchte ich Euch nun einmal die Sozialpartner von Zeus und Gipsy vorstellen, danach solltet Ihr Euch selbst ein Urteil bilden!

Hund Harrybo - Unser gebrauchter Hund

Bei dem Halter von Zeus handelt es sich um den damals 23 Jahre alten Gelegenheitsarbeiter Ibrahim K., genannt Ibo. Im Falle Gipsy um die arbeitslose 19 jährige Silja W. Auf den ersten Blick also nichts besonderes, und dennoch unterscheidet sich der Sozialpartner von Zeus ein klein wenig vom Gros der "normalen" Durchschnittshundehalter.

Alle Verfahren werden eingestellt, Ibrahim K. wurde nach dem Jugendstrafrecht behandelt. Hier ist man eben darauf bedacht, den Jugendlichen wieder in die Gesellschaft einzufügen - grundsätzlich eigentlich ein ehrenwertes Ansinnen. Doch mit Denken, Ehre und Charakter ist es eben so eine Sache. Es folgen die nächsten individuellen Highlights:

Amtstierarzt und Ordnungsamt stellen "Schärfe" gegenüber anderen Rüden fest. Da Zeus zu diesem Zeitpunkt nicht als bissig eingestuft war, wird lediglich Leinenzwang angeordnet – eine Maßnahme, deren Durchsetzung vom Ordnungsamt nicht überprüft wird.

Viel zu spät wurde im Nachherein durch Zeugenaussagen bestätigt, dass alle verordneten Auflagen vom Hundehalten nicht eingehalten wurden. Weiterhin wurde bestätigt, dass Zeus auf Spielplätzen und neben der Sporthalle des Schulgeländes durch einen jungen Mann stets trainiert u. regelrecht "scharf" gemacht wurde. Indiz hierfür sind die, in regelmäßigen Abständen durch Gartenbauamt ausgetauschten, zerbissenen Schaukeln.

Ein ominöser Computerfehler des Ordnungsamtes sorgt für eine weiße Weste für Ibo und Zeus. Eine erneute schriftliche Aufforderung, seinen Hund beim Amtstierarzt vorzustellen, kann nicht zugestellt werden. In dieser Zeit kommt es zu einer erneuten Anzeige wegen Sachbeschädigung.

Es bleibt anzumerken, dass nun die Mühlen des deutschen Amtsschimmels des Wirtschafts- u. Ordnungsamt doch noch angelaufen waren (Wegnahmeanordnung statt Gefahrenabwehr). Und sie liefen gerade munter vor sich hin, als Zeus sein letztes Opfer angefallen hatte – einen unschuldigen 6-jährigen Jungen.

Silja bekam den Welpen Gipsy im Frühjahr 1999 geschenkt. Ohne jegliche, selbst grundlegensten Kenntnisse des Umgangs mit Hunden, wird Gipsy regelrecht verhätschelt. Und wenn Gipsy mal nicht gehorchte, so biss ihr Frauchen Silja ins Ohr. Diese absurde Handlungsweise hatte sich die junge Frau ganz alleine einfallen lassen. Auch Gipsy wurde einem ordentlichen "Training" auf dem Schulgelände unterworfen. Sie war sogar darauf trainiert worden, einen Baum auf dem Schulgelände zu erklettern. Die fatalen Folgen eines völlig falschen Umgangs mit dem Hund führen dazu, dass Gipsy im Zusammenwirken der beiden Hunde, die Aggressivere war. So beißt sie am 11. Mai ein 12 jähriges Mädchen, welches friedlich auf einer Bank sitzt. Wenige Tage später sollte Gipsy, wie zahllose Male zuvor trainiert, eine Hinterhofmauer überwinden, und, getriggert durch den Beutetrieb, welcher primär durch einen gespielten Ball ausgelöst wurde, sekundär auf das laufende Kind Volkan umadressiert wurde, eben dieses Kind attackieren. Zeus, welcher zur gleichen Zeit auf einen anderen Schüler, welcher gerade den Ball führte, zugelaufen war, diesen aber unbehelligt lies, trifft nun auch auf dem "Kampfplatz" ein. Zwischen der attackierenden Gipsy und Zeus kommt es zur Stimmungsübertragung, die Folgen sind bekannt. Kontinuierliche Umweltreize von schreienden Kindern, eingreifenden, letztendlich doch hilflosen Anwohnern tun in dieser Tragödie das Ihrige. Es bleibt noch anzumerken, dass Ibrahim K. unter Einsatz seiner Gesundheit erfolglos versucht hat, den kleinen Volkan zu schützen. Letztendlich konnten die beiden Hunde von zwei zu Hilfe eilenden Männern, dem Baufachmann Hyseyin A. und dem Schlosser Dragan J., überwältigt werden.

Quellen:
Norddeutscher Rundfunk;
Schweizer Blick;
Berliner Zeitung;
Der Spiegel.


Ich frage mich, was aus den beiden Welpen wohl geworden wäre, wenn man sie in die Hände gesellschafts- u. verantwortungsbewusster Menschen übergeben hätte. Eines wäre dann absolut sicher gewesen - diese Tragödie hatte niemals stattgefunden. Und ich bin mir ebenfalls ziemlich sicher, dass, wenn man  Ibrahim K. und Silja W. Welpen anderer Rassezugehörigkeit übergeben hätte, es trotzdem zu dieser oder zumindest einer ähnlichen Tragödie gekommen wäre.


Das Hamburger Landgericht sprach im Januar 2001 den 24 Jahre alten Ibrahim K. der fahrlässigen Tötung für schuldig und verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten. Seine mitangeklagte 19-jährige Freundin Silja W. wurde zu einem Jahr Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft und der Anwalt des verurteilten Kampfhundehalters hatten Rechtsmittel gegen das Landgerichts-Urteil vom Januar eingelegt. Das Gericht hatte den 25-Jährigen wegen fahrlässiger Tötung zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt, ein Urteil, welches seinem Anwalt als zu hoch erschien. Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein, weil sie in der Tat keine fahrlässige Tötung, sondern Körperverletzung mit Todesfolge sieht.

Am 11. Dezember 2001 verwarf der Bundesgerichtshof (BGH) die Revisionsanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Der 25-Jährige muss letztendlich eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren antreten, zu welche ihn das Hamburger Landgericht im Januar dieses Jahres wegen fahrlässiger Tötung verurteilt hatte. Seine Freundin hatte ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung erhalten.

Quellen:
DPA;
NDR.


Wie dem auch sei, der Tod des kleinen Volkan war sinnlos, vor allem aber vermeidbar gewesen. Ich denke da an konsequentes und rechtzeitiges Handeln der zuständigen Behörden bei Auftreten erster Vorkommnisse, um einerseits den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten, andererseits den Tierschutz durchzusetzten. Und wenn man sich dann noch vor Augen hält, dass dieses fatale Ereignis dafür gesorgt hat, dass in der Folgezeit völlig friedliche Hunde spezieller Rassen nebst deren unbescholtenen und verantwortungsbewussten Halter monatelang in Presse, Funk und Fernsehen regelrecht hingerichtet wurden, und von Politikern bis zu Psychologen und Hundeversteher so mancher Hardliner wenig Zweifel daran ließ, dass er eigentlich schon den Besitz eines so genannten "Kampfhundes" für einen Ausdruck krimineller Energie halten würde.

Die Gefährlichkeit eines Hundes kann keinesfalls pauschal an seiner Rassenzugehörigkeit festgemacht werden. Heute wissen wir, dass diesbezüglich existierende Rasselisten, welche bestimmte Hunderassen so genannten "Anlagen" zuordnen, keinerlei sach-, fachkundigen und wissenschaftlich fundierten Überprüfung standhalten. Und obwohl diese Rassenlisten selbst in Anhörungen vor dem Bundesverfassungsgericht ad absurdum geführt wurden, bleiben sie weiterhin zulässig -

und nach wie vor vollkommen ungeeignet !

Die artspezifische natürliche Aggression der beiden Hunde Gipsy und Zeus, wurde einerseits durch völlig falschen Umgang seitens ihrer Besitzer unbewusst-, andererseits durch gezielte Konditionierung wiederum durch ihre Besitzer bewusst gesteigert. Die Bewertung der Ethologin Frau Dr. Dorit Feddersen-Petersen spricht diesbezüglich eine klare Sprache - "Die Hunde wurden auf eine Art und Weise trainiert, welche dem normalen Hundetraining nicht entspricht. Diese Tiere waren gefährliche Individuen, weil sie dazu gemacht wurden. Diese Hunde waren verhaltensgestört."

 

 

Wer die Gefährlichkeit von Hunden an deren Rasse festmacht,
ist letztendlich ein schlichter Narr.
Es ist erschreckend, wie sehr unsere moderne Gesellschaft
doch einem Narrenhaus gleicht.

Arne Felden

 

Falls Dich unsere Themen und Ausführungen angesprochen haben, dann sag es weiter - DANKE!

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